Auszüge aus der Diskussion am 14.11.24
Flächenbahn
Monheim weist auf den Erfolg hin, dass der Börsengang der Bahn abgesagt worden ist.
Sicher nicht nur wegen uns. Aber wir haben mit unseren Hunderten von Veranstaltungen, die wir damals gemacht haben, mit unseren Filmen zu dem Thema Bahn unterm Hammer und ähnlichem dazu beigetragen. Wir brauchen mehr davon. Klaus Gietinger dreht Filme dazu. Aber es müsste viel mehr im Medienbereich geben, die das aufgreifen. Es gibt leider ganz wenige Journalisten, die sich gelegentlich auch wirklich kritisch mit der Bahn auseinandersetzen. Und zwar nicht im simplen Bahn-Bashing.
Nachtzüge
Monheim: Weshalb wurden eigentlich damals diese „Bremsmanöver“ durchgeführt? Dass in der Bahn nichts mehr passiert ist? Man weiß es ja nicht erst seit fünf Jahren, dass es im Hinblick auf den Klimawandel wichtig ist, den öffentlichen Verkehr zu stärken. Grundsätzlich wäre mal die Frage, ob wir nicht vielleicht weniger Verkehr allgemein bräuchten. Aber das ist ein anderes Thema. Die Nachtzüge hätten einen Riesenvorteil im Hinblick auf Urlaubsfahrten. Ich erlebte sie jedesmal, wenn ich mit dem Rad unterwegs bin. Da wären natürlich Nachtzüge schon sehr hilfreich.
Auf das Vorbild Österreich wurde hingewiesen, wo im Gegensatz zu Deutschland die Nachtzüge noch voll in Betrieb sind. Aber die ÖBB kann uns dies nicht abnehmen. Dazu muss die Deutsche Bahn beitragen, sodass wir schließlich zu einem europäischen Nachtzugsystem kommen.
Autobahnnetze für Bahn nutzen?
Wir haben ein tolles Autobahnnetz. Toll in Anführungszeichen im Sinne von ausgebaut und übers ganze Land verteilt. Warum nicht die Autobahn zurückstufen zu Nahverkehrsstraßen und auf diesen Trassen Gleise legen? Denn wenn wir Neubaustrecken für Fernbahnverkehr bauen, werden wir auch da massiv in die Natur eingreifen müssen. Und das würde sich natürlich schon reduzieren, wenn man diese Autobahnnetze umwidmen würde.
Geologie
Teilnehmer: Ich habe mich mit Stuttgart21 befasst und gelesen, dass in Stuttgart der Untergrund grottenschlecht war. Es gibt Blasen, es gibt Wassereinbrüche und da frage ich mich, wo waren da die Experten.Was haben die da gemacht? Und das Gleiche könnte ja bei dem Fernbahntunnel passieren.Mit dem Tunnel würde es ja auch bei Oberrad vorbeiführen und da wissen wir ja, dass das ein sehr großes oder ein sehr intensives Nassgebiet ist.
Hans-Jörg Jäkel: Zur Geologie Anhydrit
In Stuttgart haben wir schon das berühmte Anhydrit. Bis jetzt hat man die Tunnel alle so hinbekommen, dass sie zumindest einmal fertig geworden sind. Aber in Richtung Süden fahren Sie auch durch einen Autobahntunnel, Engelbergtunnel genannt; wo sechsspurig die Autobahn durchgeht und wo man seit Jahren dran ist, diesen Tunnel zu reparieren, weil er im Anhydrit liegt. Man hatte früher in Stuttgart natürlich auch schon Anhydrit, aber der Knoten Stuttgart wurde entwickelt mit kurzen Tunnels. Im Gegensatz zu den restlichen Gebieten. In Deutschland gibt es nur kurze Tunnel, 500 Meter lang. Dort ist das Brandschutzkonzept sofort mit dabei. Und auch dort gibt es natürlich Probleme, dass immer mal wieder instand zu halten ist. Aber da brauchen Sie im Bahnverkehr keinerlei Notbremsüberbrückung. Das ist früher einfach mal der Stand der Dinge gewesen. Und wenn man sich das anschaut, mit wie viel Kilometer Tunnel deutschlandweit der Eisenbahnverkehr vor Jahren noch abgewickelt wurde und es mit dem jetzigen Zustand vergleicht: Da geht es immer nur um Tunnel, und das ist halt problematisch und kann nicht die einzige Lösung sein.
Und vielleicht noch eine andere Bemerkung zu dem, was angefragt wurde. Wann wachen die Leute endlich auf?
Klaus Gietinger: Die Strecke Mannheim-Stuttgart, also die Schnellfahrstrecke, wird demnächst auch gesperrt, weil ein Tunnel da ist, bei dem nämlich genau das passiert: da ist das Wasser runtergelaufen, und das Anhydrit ist dann aufgequollen Und deswegen muss man diese Schnellfahrstrecke auch sperren.
Hans-Jörg Jäkel: Die geplante Kappung der Gäubahn
Es gibt von Stuttgart zum Bodensee hoch die so genannte Gäubahn. Inzwischen ist es so, dass die Gemeinden und die Bürgermeister das Verkehrsministerium bedrängen. Der badenwürttembergische Verkehrsminister Hermann redet sich leider oftmals raus, dass der schwarze Koalitionspartner ihn nicht so machen lässt. Aber dort gibt es genug Bürgermeister der CDU, die gemeinsam mit auch Grünen an das Verkehrsministerium schreiben und sagen: Diese Unterbrechung der Gäubahn ist eine Katastrophe. Die Fahrgäste fahren dann alle auf der gut ausgebauten A 81. Die CDU von Rottweil schreibt: Wir waren bei der Volksabstimmung nützliche Idioten. Die CDU Südbaden fasst den Beschluss, das Ministerium aufzufordern, die unnötige Kappung der Gäubahn zu vermeiden. Aber die Leute werden viel zu spät aktiv. Das muss man weiter nach vorne schieben und das ist eine grundlegende Diskussion. Aber die anzustoßen ist verdammt schwer.
Heiner Monheim: Beratungsresistente Politik
Gangolf Stocker, leider schon länger verstorben, war der ewige Mahner, was die Geologie und die Quellen-Beschädigungen durch die Tunnelprojekte angeht. Es gibt eine Analogie zum Atomkraftwerk Mülheim Kärlich auf einer Verwerfungsspalte. Geologisch hoch riskant. Da sind wir noch mal an der Stelle: Wie wird bei uns Politik gemacht? Pharaonen lassen sich doch nicht beraten, Pharaonen bestimmen: Da kommt das Atomkraftwerk hin. Pharaonen bestimmen: Da kommt der Bahnhof hin. So, und deswegen ist mein Begriff mit den Pharaonen schon sehr ernst gemeint. Da haben wir eine beratungsresistente Politik.
Ich würde gerne zu dem Thema Autobahnausbau und Eisenbahnausbau ein bisschen mehr sagen. Auch in den Heften gibt es einen Beitrag über die sogenannte Autoeisenbahn. Also wir haben im deutschen Autobahnnetz eine Reihe von Strecken, auf denen man, weil es schon sechsspurig ist, Platz hätte, um die beiden Spuren, die permanent von LKWs blockiert werden, umzuwandeln in Schienentrassen, Schienen auf Autobahnen. Das klingt erst mal Wahnsinn. Das ist im Detail auch nicht so ganz leicht. Sie müssen die Zufahrten und die Abfahrten irgendwie mit dem Schienenverkehr kompatibel kriegen. Da sind wir wieder beim Thema Überwerfungsbauwerke. Die wird es dann auch bei Autobahnen geben. Und bei den Autobahnkreuzen wird es erst recht kompliziert. Aber man könnte mal eine Machbarkeitsstudie machen: Wie viel Prozent des deutschen Autobahnnetzes könnten für eine Autoeisenbahn genutzt werden? Und da muss man nicht immer die Betonfläche nehmen, sondern 40 Meter rechts und links der Autobahn dürfen sowieso nicht anderweitig bebaut werden. Da wäre also auch Platz.
Dazu Klaus Gietinger: Das hat natürlich auch Grenzen, weil es so ab 40 Promille für eine Bahn schwierig wird, eine Steigung hoch zu fahren.
Gietinger zur Gäubahn
Ich habe da jetzt auch einen Film darüber gemacht, der heißt: Der Kampf um die Gäubahn ist ein Kampf um die Bahn. Den gibt es demnächst auch auf DVD, und auf der Bürgerbahn Website kann man ihn dann bestellen. Der wird jetzt entlang der Gäubahn aufgeführt, in Kinos und in Turnhallen und Mehrzweckhallen. Da geht es auch um diese Geschichte der Gäubahn und wie der mitgespielt wurde und wie die eben gekappt werden soll.
Prof. Monheim zum Südbahnhof
Ich würde ein Thema gerne noch mal ansprechen, weil ihr den Südbahnhof nicht wirklich zum Knoten machen wollt; da gibt es auch andere Entwicklungen. Also wir fangen mal an mit Hamburg, Altona, Dammteich, Dammtor, Hauptbahnhof, Harburg. Metropolen haben in der Regel nicht nur einen großen Bahnknoten, sondern sie haben mehrere: München Ostbahnhof, München, Hauptbahnhof, München, Pasing.
Also die Arbeitsteilung zwischen mehreren Knoten, die teilweise für den Fernverkehr auch relevant sind, aber vor allem auch für den Nahverkehr, ist, wenn man Kapazitätsprobleme aufgrund des gewünschten Deutschlandtaktes und der Verdoppelung oder Verdreifachung der Zugdichten hat, wirklich etwas, was man ernsthaft prüfen muss! Und was ja möglicherweise noch mal Kapazitätsreserven mobilisiert, es aber nicht einfacher macht, weil dann ja die Frage ist, wie ist das mit dem Umsteigen? Ich will das einfach nur mit Blick auf die großen Metropolen und ihre Bahnhöfe sagen, dass das unter Umständen ein Lösungsansatz für Kapazitätsprobleme sein kann.
Gietinger warnt
Also da bin ich ein bisschen anderer Meinung in Bezug auf Frankfurt. Ich denke, der Südbahnhof passt da nicht. Es ist auch leider so, dass in Stuttgart ja genau das versucht wird – ein sogenanntes Regionalisierungsdreieck aufzubauen, wo also die neuen Regionalzüge in einem Dreieck sozusagen um den Hauptbahnhof herum fahren, weil der eben viel zu schwach ist, weil die Kapazität viel zu klein ist. Das heißt, aus dieser Not wird eine Tugend gemacht, und die Leute müssen dann permanent umsteigen. Also das ist gerade in Stuttgart eine Katastrophe.
Aber auch in Hamburg ist es natürlich ein Problem. In Hamburg ist das der Kopfbahnhof Altona, der kaputt gemacht werden soll, der mitten in Altona liegt und ÖPNV-mäßig sehr gut angebunden ist. Der soll kaputt gemacht werden durch einen viel kleineren, eine Art S-Bahnhof als Durchgangsbahnhof, und der sozusagen fast auf der grünen Wiese liegt. Eine Katastrophe! Es ist leider nicht so, wie immer wieder gesagt wird, dass Stuttgart 21 das letzte dämliche Großprojekt ist. Sondern überall im Land werden diese Großprojekte weiter versucht.
Fragen aus dem Netz: Was macht die nächste Bundesregierung?
Was macht die nächste Bundesregierung? Es geht ja da um Konzepte zur Zerschlagung der Bahn. Wir haben es aus dem Munde von Friedrich Merz gehört: Man könnte viele Bahnprobleme lösen, indem einfach viel weniger ICEs fahren. Dann gibt es weniger Staus auf der Schiene und dann fahren die pünktlich. Also das nur mal als als Randbemerkung dazu.
Takt vor Tempo
Eine weitere Frage betrifft das Konzept „Takt vor Tempo“. Es wäre natürlich erstmal wünschenswert, dass das Konzept, das Ende 2021 vorgestellt wurde, auch mal anhand von Trassenführungen beispielhaft dargestellt würde, nämlich wo das Ganze zur Anwendung kommen soll. Es geht ja wohl nur um überlastete Teilstrecken. Und nicht darum, überall ICEs auszubremsen, sondern nur dort, wo es wirklich angebracht ist. Also die konkrete Frage, wie man das mal konkretisiert, damit es auch anschaulicher wird.
Dann gab es einen Vorschlag, den Bund als Auftragsträger für den Fernverkehr einzusetzen, also die Trennung von Fern und Regionalverkehr.
Das Interessante ist, von wem diese Initiative kam, nämlich vom damaligen Verkehrsminister von Rheinland-Pfalz, Volker Wissing.
Nochmal: Schienen auf Autobahnen
Dann noch eine Frage zu einem Punkt, den Monheim angesprochen hat, aber auch an Gietinger, zu Schienen auf Autobahnen. Das klingt ein bisschen utopisch, aber es gibt konkrete Konzepte, die ähnlich gelagert sind. Das Verkehrsbüro Vieregg Rössler hat eben auch als Alternative zum Fernbahntunnel ja eine Lösung vorgeschlagen, dass man vom Flughafen ausgehend entlang der Autobahn A3 bis nach Aschaffenburg parallel eine ICEstrecke verlegen könnte. Was natürlich auch über eine Machbarkeitsstudie zu prüfen wäre, wie all diese Konzepte, die vorgeschlagen werden. Interessant fand ich an diesem Vorschlag die Bedarfsplanung für eine Teilstrecke der A3 von Heusenstamm nach Obertshausen, wo ein vordringlicher Bedarf angemeldet ist.
Monheim – Webfehler der Bahnreform
Die Bahnreform war ja im Wesentlichen eine Organisationsreform. Und sie hatte von Anfang an zwei Webfehler, nämlich die Eigenwirtschaftlichkeit des Fernverkehrs. Der muss sein Geld verdienen. Haben wir Eigenwirtschaftliche Autobahnen? Haben wir natürlich nicht. Also ist das eine völlige Ungleichbehandlung von zwei Verkehrssystemen. Und das ist beim Güterverkehr noch schlimmer. Der muss ja auch eigenwirtschaftlich sein. Und deswegen war der eben noch viel stärker den Sparzwängen unterworfen.
Die nächste Frage ist zum Tempolimit oder „TaktvorTempo“. Damit ist natürlich nicht gemeint, dass auf den exklusiven Schnellfahrstrecken, wo sonst nichts unterwegs ist, die Züge nur 200 kmh fahren dürfen, sondern dass ich für die jetzige Netz- und Ausbauplanung und für die weiteren in den Standards runtergehe auf Höchstgeschwindigkeit 200 kmh und in vielen Bereichen auf 160, weil wir plötzlich ganz teure Bahnübergangsprojekte kriegen, weil dann eben ebenerdige Bahnübergänge nicht mehr erlaubt sind. Dass wir in dem Bereich uns im Wesentlichen bewegen, wenn es um Regionalexpress und Ähnliches geht. Die können ja theoretisch auch 200 fahren.
Dann zum Bund als Aufgabenträger:Es gibt in Europa kaum ein anderes Land, was die institutionelle Trennung von Fernverkehr und Nahverkehr hat. Das ist eine deutsche Krankheit, die auch dazu geführt hat, dass der Interregio gestorben ist. Der Interregio war das attraktivste deutsche Produkt und ist gestorben, weil Mehdorn partout Nahverkehrsbeiträge von den Ländern für den Interregio haben wollte. Also diese institutionelle Trennung von Fernverkehr und Nahverkehr ist absolut von Übel. Die Älteren werden sich erinnern, dass es in Deutschland lange die Zeit gab, wo sieben Pfennig je Kilometer Bahn berechnet wurden, völlig egal, mit welchem Zug du fuhrst. Da gab es dann noch Zuschläge.
Anmerkung Jäkel: Ein Eisenbahngesetz für die Bevölkerung fehlt
Dann möchte ich auch noch was ergänzen.Die Bahn wurde privatisiert als AG des Bundes und dort hätte es eigentlich auch eines Gesetzes bedurft, das festschreibt, was diese AG eigentlich für die Bevölkerung zu tun hat. Das ist nicht im allgemeinen Eisenbahngesetz festgelegt. Also: Was muss die Bahn wirklich tun für die Bürger dieses Landes? Und da haben sich alle Verkehrsminister angefangen von Tiefensee über die ganzen aus CDU/CSU-Kreisen jetzt auch. Wissing hat da überhaupt keine Aktivitäten entwickelt. Wir haben nicht mehr die DB Netz AG. Es gibt jetzt die DH InfraGO – ein toller Name, finde ich. Aber GO steht für gemeinwohlorientiert. Aber was heißt das denn? Die DB Netz ist erst mal ihrem Fernverkehr verpflichtet. Aber wenn die Abstellanlagen unterdimensioniert sind, wie in Stuttgart, dann trifft es in erster Linie den Regionalverkehr und das Land. Aber welche Mittel hat die InfraGO? Wenn die jetzt wirklich 6 Milliarden zusätzlich Kapital aufbringen müssen, weil die anderen die Finanzierungslücke zu diesen 12 Milliarden nicht mit bestreiten wollen?! Dann wird natürlich nur das gebaut, was die Chefs wollen.
Und dasselbe ist gilt für die Gäubahn. Da komme ich zum zweiten Punkt.
Neben den „Pharaonen-Projekten“ gibt es noch die sogenannten „Fata Morgana-Projekte“. Das ist das, was Klaus Gietinger mit Nahverkehrsdreieck Stuttgart meinte.
Je schlimmer es wird, umso schlimmer werden die Lösungen, die angeboten werden. Von diesen Nahverkehrsdreiecken gibt es bisher so gut wie keine Strecke. Das muss alles neu gebaut werden. Und in welchem Umfeld wir dort unterwegs sind, zeigt auch wieder deutlich die Gäubahn. Es gibt jetzt einen Gäubahn Ausbau Süd. Die Gäubahn wurde nach dem zweiten Weltkrieg von der französischen Besatzungsmacht im Wesentlichen auf ein Gleis zurückgebaut. 70 Kilometer sind es heute noch. Zum Glück ist sie inzwischen elektrifiziert. Die Deutsche Bahn stellte die Planungen vor, wie diese 70 Kilometer wieder in Zukunft zweigleisig werden sollen. Und was ist das Konzept? Sie wollen 25 Kilometer zweigleisig machen und das bis kurz vor 2050! So, dann brauchen wir nicht mehr weiterreden, wenn so was überhaupt der Öffentlichkeit präsentiert werden kann. Dann müssten eigentlich alle im Viereck springen.
Also: Dieses Eisenbahngesetz muss her. Was wirklich festlegt und festschreibt, was Gemeinwohlorientierung heißt! Und diese Fata Morganas, die immer dann, wenn Projekte schwierig werden, hochkommen, die dürfen nicht akzeptiert werden in der Öffentlichkeit. Was bringen uns Projekte 2050? Die können wir vergessen.
Teilnehmerbeiträge
Mehr Strecken …
Die Bahn müsste viel mehr Strecken bauen, viel mehr Alternativstrecken, die eben nicht durch die Ortschaften führen. Dann sind aber sofort wieder die Naturschützer da, die sagen hier darf jetzt keine Bahnstrecke hin gebaut werden. Und dann sind wir wieder beim Tunnel. Also das beißt sich doch alles irgendwo.
Trennung S-Bahn/Fernbehan …
Ich wohne an der Riedbahn in Mörfelden. Bin jetzt momentan gerade durch die Komplettsperrung etwas gebeutelt und ich sage einfach: die Sperrung ist ja wunderschön, aber zwischen Frankfurt und Mannheim hilft uns nur eine Neubaustrecke. Da geht meines Erachtens nichts dran vorbei. Wer bei uns mit der S Bahn fährt und weiß, dass jede Stunde sechs ICEs kommen, ein paar Güterzüge, der weiß, dass die S Bahn nicht funktioniert. Regionalexpress-Züge fahren auch noch. Diese Geschwindigkeitsdifferenz-Geschichte hat das etwas gemildert, weil die auch 160 fahren. Aber,an einer Trennung in so einem Bereich geht meines Erachtens nach nichts vorbei. Die Diskussionen mit Anbindung Darmstadt und Bergstraße usw ist aber auch alles unendlich lange. Das geht auch schon zehn 15 Jahre jetzt und wir kommen da kaum weiter. Und wenn ich dann sehe, dass in dem topfebenen Ried, wo man dann von der Autobahn weg Richtung Mannheim muss, damit man Mannheim den Knoten erreicht, ein 15 Kilometer langer Tunnel im Grundwasser gebaut werden soll, dann ist das nicht gerade klimafreundlich!
Negativbeispiel Montabaur
Ich verstehe die Diskussion ‚Bahn an der Autobahn entlang bauen‘ nicht. Wir haben ein Negativbeispiel. Das ist ja schon gebaut. Das ist der Bahnhof Montabaur. Also, was der soll, das wissen wir ja alle, dass er eigentlich nur gebaut wurde, weil das Land Rheinland Pfalz und das Land Hessen an der ICEstrecke nach Köln einen eigenen Bahnhof wollten. Aber der hat überhaupt gar keine Bedeutung für die Menschen aus den Ortschaften, sondern er hat eine Bedeutung dafür, dass man mit dem Auto erst mal dahin fährt.
Fernbahntunnel – Kapazitätssteigerung?
Ich würde aber gerne die Diskussion wieder zurückbringen zum eigentlichen Thema, nämlich dem Fernbahntunnel. Warum ist denn der Fernbahntunnel von der Bahn ins Spiel gebracht worden? Da reden wir ja über den Kapazitätszuwachs am Hauptbahnhof. Wenn die 1800 Züge tatsächlich machbar sind in deinem Konzept von Klaus Gietinger, dann würde ich mich gerne darüber unterhalten und würde das auch gerne in das Dialogforum der Bahn mit einbringen. Die Bahn gibt uns ja andere Auskünfte und andere Zahlen. Sie sagt ja, sie schaffe mit dem Fernbahntunnel 1600 Züge im Hauptbahnhof. Und das ist für mich erst mal ein Widerspruch, den wir vielleicht intern mal auflösen müssen. Wie kommt es denn zu der einen Zahl und wie kommt es zu der anderen Zahl? Also deine Zahl ist ja mit relativ wenig oberirdischen Umbauvorhaben möglich, während die Bahn sagt, mit dem oberirdischen Umbau zwischen Südbahnhof und Hauptbahnhof schaffe sie nur 5 % Zuwachs. Also das scheint mir erst mal ein Widerspruch zu sein, der aufgelöst werden muss.
Monheim: die offene Flanke des Lärmschutzes
Zu der Frage der Bürger, die am Ende die Tunnel fordern. Da haben wir die offene Flanke des Lärmschutzes in unserem deutschen Bahnwesen. Es gibt den innovativen Lärmschutz mit Schienenstegdämpfern, der mit einfachen Mitteln statt 6 Meter hoher Lärmwände, schnell machbar und durchaus effizient ist. Es gibt Teststrecken, wo die Effizienz dieser Möglichkeiten nachgewiesen ist, aber die Bahn macht es einfach nicht. Also eine Teststrecke liegt in Bonn, eine liegt irgendwo im Ruhrgebiet. Gummibriketts, die überall auf den Schienenhals auf beiden Seiten kommen, plus kniehohe Lärmschutz mäuerchen, die so nah wie möglich an die Schiene heranrücken. Das sind kostengünstige und effiziente Möglichkeiten, die untersucht sind, wirksam sind und von der Bahn nicht gemacht werden. Weil die Betonmafia gerne 6 Meter hohe Lärmschutzwände macht und weil die Betonmafia am Ende gerne Tunnel bohrt.
So kriegen wir natürlich verständlicherweise Ärger mit Anliegern, die so wie die Bahn das bisher macht, zu Recht darauf hinweisen, wir sind die Opfer. Das Mittelrheintal habe ich selber intensiv beackert. Ich habe ein Konzept für das ganze Mittelrheintal gemacht, weil die ja sehr gebeutelt sind durch zwei Schienenstrecken, rechtsrheinisch und linksrheinisch. Und obwohl da jetzt mein ganzes Repertoire, also nächtliche Tempolimits auf der Strecke, Schienenstegdämpfer auf der Strecke relativ schnell machbar wäre, passiert das nicht.
Alternativen gab und git es immer
Und natürlich der Sündenfall Köln Frankfurt, weil das als exklusive Trasse für den Hochgeschwindigkeits geplant wurde. Hätte man damals gewusst, dass wir eigentlich im Mittelrheintal Riesenprobleme haben und dass wir dann auf dieser Strecke eine Mischnutzung durch Nahverkehr, Güterverkehr und ICE-Verkehr haben, dann wäre das alles ganz anders geworden. Wegen der Neigung hätten ein paar Details bei den Tunnels geändert werden müssen. Aber im Prinzip ist es typisch für die deutsche Bahnpolitik, dass das überhaupt nicht in Betracht gezogen wurde. Und es gibt auch jetzt noch im Mittelrheintal durch den Ausbau der Eifelstrecke, die i.M. hochwassergeschädigt ist,aber im Prinzip Potenziale hat, über das Saarland gewissermaßen einen Teil der der Güterzüge aus dem Mittelrheintal herauszunehmen. Es gab auch die Netzalternativen über die Siegtalstrecke, über Hagen nach Frankfurt. Jetzt bin ich wieder auf der Ebene der Politik. Die sucht sich die Großprojekte. Und alles, was schnell machbar ist und einfach und plausibel ist, fällt unten durch.
Zu den Streckensperrungen
Dann zu der Frage der Streckensperrungen noch mal ein kurzer Ausflug in die Schweiz. In der Schweiz sind Streckensperrungen absolut tabu. Es gibt weder Streckensperrungen bei der Feststellung von Schwarzfahrern, einer der wichtigen Verspätungsgründe in Deutschland. Sehr oft wird ein ICE 20 Minuten angehalten, weil irgendwelche Schwarzfahrer personalfestgestellt werden müssen.
Die Generalsanierung lebt von Streckensperrungen. Wir haben in Deutschland im Gegensatz zur Schweiz eine völlig andere Denke. Im Schweizer Bahnsystem muss es rollen, muss es rollen, muss es rollen Und im extremen Ausnahmefall? Wir hatten im Rhonetal große Unwetter vor 15 Jahren (?). Da wurden dann mal zwei, drei Tage tatsächlich Strecken gesperrt. Aber als extreme Ausnahme. Und deswegen sollten wir umdenken.
Und letzter Hinweis zu Montabaur und Limburg. Also grundsätzlich sind das Pharaonenprojekte, zur Befriedigung von Ministerpräsidenten. Aber diese Projekte haben ja eine wahnsinnige Folge auf Raum und Siedlungsentwicklung gehabt. Also es wird da natürlich schon Verkehr abgefahren. Es gibt da natürlich schon beträchtliche Zu- und Aussteiger, die jetzt eben ihre Wohn-/Standortwahl und alles das verändert haben. Und es gibt auch Betriebe, die darauf reagiert haben. Damit will ich das nicht gutheißen, dass das von Anfang an so geplant wurde. Aber ich will sagen, es ist nicht total grotesk, dass jetzt, wo die Strecke da ist, dann auf der Strecke auch für die Region was getan wird. Weil wir sonst natürlich die Problematik haben, dass Bürgerinnen und Bürger sagen, ihr rauscht hier durch und wir haben nichts davon.
Gietinger zum Fernbahntunel und der Kapazitätssteigerung
Noch mal kurz zu unserem Konzept. Wir versuchen ja ein Gesamtkonzept hier. Und unseres Erachtens hat die Bahn wirklich nur Teile davon untersucht und kein Gesamtkonzept gemacht, und deswegen kommen sie auf diese 5 %. Ich vermute einfach, das wurde gemacht, weil man den Tunnel haben möchte. Und dann hat man einfach gesagt, die Alternativen taugen nichts.
Ich habe hier einen Artikel aus der Frankfurter Rundschau vom 16. September 1988, also vor 36 Jahren. Und da geht es um den Fernbahntunnel in Frankfurt. Und ein Herr Speck fordert ihn. Ein Hauptproblem sei, dass man die Loks austauschen müsse. Und ein Herr Wildhardt, der damals der Oberplaner der Bundesbahn war, entgegnete, dass, wenn die neuen ICEs kommen, man so einen Fernbahntunnel nicht brauche. Interessant finde ich auch: damals waren es 250.000 Reisende, heute sollen es 450.000 sein. Und es wird von über 1600 Zugfahrten berichtet, die damals am Kopfbahnhof stattgefunden haben, eine sehr interessante Zahl. Und wie gesagt, die Bundesbahn war dagegen, und man hätte vor 36 Jahren sich schon mal überlegen können, wie man den Kopfbahnhof optimiert, so wie man es heute oberirdisch auch versucht.
Man ist dann zu diesem Wahnsinnsprojekt Frankfurt21 gekommen. Da hat man sich jahrelang damit beschäftigt, hat uns erzählt, das sei das Top-Projekt überhaupt, hat uns angelogen, von vorne bis hinten. Wir haben es zum Glück als Frankfurt22 – uns gibt es auch schon 25 Jahre – mit verhindert.
Und interessant ist auch: Damals gab es in Hessen einen Verkehrsminister von der FDP, den Herrn Posch. Der hat nämlich dieses „Frankfurt Main plus“ dann mitentwickelt, auch der Herr Sparmann vom RMV, durchaus Politiker und Bahnexperten, die gegen diesen Tunnel waren und vor allem auch gegen Frankfurt21.
Also man hätte schon vor 36 Jahren was machen können.
Und unser Konzept taugt natürlich nicht für diesen Taktverkehr mit 300 kmh, sondern ist natürlich nur funktional, wenn man wirklich einen normalen Taktverkehr, sage ich jetzt mal einen integralen Taktverkehr macht, wie es Monheim sagt, mit 160 kmh oder 200 als Höchstgeschwindigkeit. Dann kann man ganz anders arbeiten. Und Hermann Knoflacher, den ich für den Gäubahn-Film in Wien interviewt habe, ein hervorragender Verkehrsplaner, sagt, man könne mit jeder Geschwindigkeit einen integralen Taktverkehr machen.
Und dieser Taktverkehr, so wie er jetzt geplant ist, ist voll auf Kante genäht. Wenn es da zwei Minuten Verspätung gibt, dann geht da nichts mehr. Und man muss dann unter 30 kommen, also 30 Minuten oder unter eine Stunde. Und das immer mit diesem Hochgeschwindigkeitsverkehr. Das kann man aber auch 30/60/90 Minuten staffeln. Das heißt, man kann diesen Taktverkehr viel besser machen, als er jetzt geplant ist. Und Wolfgang Hesse hat Vorschläge gemacht, Herr Vieregg hat Vorschläge gemacht, aber das wird im Moment nicht gehört.
Kein Verkauf von Bahnflächen für andere Zwecke
Ich muss aber noch eins dazu sagen. Es gab von der Ampel auch ein sehr gutes Gesetz, nämlich das Eisenbahngesetz mit dem Paragraf 23, wonach Bahnflächen nicht mehr entwidmet werden sollen für Wohnungsbau. Ja, und sofort protestieren die Länder, die natürlich die Bahn abräumen wollen, um da was hin zu bauen. Und es protestiert natürlich die Stadt Stuttgart, weil sie den Kopfbahnhof platt machen wollen und das jetzt erstmal nicht mehr machen können. Aber die CDU hat sofort versprochen, wenn sie an die Regierung kommt, das Gesetz wieder zu ändern. Und die Grünen haben schon in der Ampel gesagt, für Stuttgart müsse man es vielleicht wieder ändern, damit man da endlich die Bahn platt machen kann.
Jäkel zum Tunnelbau
Vielleicht noch eine kleine Ergänzung zur Tunneleuphorie. Nachdem man jetzt feststellt, Stuttgart21 wird nicht so richtig funktionieren, gibt es die Planung für den längsten Tunnel Deutschlands: Die Gäubahn hat man schon mehrfach über den Flughafen neu anzubinden versucht, weil angeblich alle zum Flughafen im Süden Stuttgarts wollen. Und dort soll dann der längste Tunnel Deutschlands entstehen, ein Tunnel von 11,5 Kilometer Doppelröhre, um von Böblingen zum Flughafen zu fahren für die angeblich nur wenigen Fahrgäste. Aber Tunnel bauen ist einfach in und dafür hat man extra ein neues Partnerschaftsmodell Schiene-Bauindustrie entwickelt. Die planen wie die Weltmeister und wollen das Ding 28 beginnen und 32 fertig haben. Und genauso schlimm geht es weiter mit den Tunnels. Man hat eigentlich vom Hauptbahnhof Stuttgart in Richtung Norden bis Feuerbach einen neuen Tunnel gebaut. Fünf Kilometer. Aber dann hat man festgestellt, dass man nicht zu diesen 30 Minuten Taktzeit Stuttgart Mannheim kommt. Für mich als Eisenbahner ist Stuttgart Mannheim mit 140 Kilometern und Zielzeit 30 Minuten nicht fahrbar – stabil, ohne Reserven. Das macht die Strecke kaputt. Das macht die Fahrzeuge kaputt. Ich muss 280 bis 300 kmh fahren. Im Vergleich dazu: Dresden Leipzig im Fernverkehr fährt man mit gut einer Stunde 120 Kilometer. Die Anschlüsse klappen nicht. Es gibt so viele Möglichkeiten und überall wird nur über Tunnelbauten diskutiert und das muss weg.
Hans Jürgen Hammelmann, Initiative Takt vorTempo und Frankfurt 22
Es wird ja hier immer gesagt Fernbahntunnel Frankfurt ist nicht Stuttgart21. Stimmt. Aber wir haben ja jetzt bundesweit ein sehr gutes Vorzeigeprojekt. Die Bayern sind im Bauen und im Planen uns immer vorweg.Und in München gibt es seit 2017 die zweite Münchner Stammstrecke im Bau. Da ist eine S Bahn Strecke, vergleichbar mit dem Fernbahntunnel, im Bau. Die sollte 2027 fertig werden. Jetzt haben sie aber leider festgestellt, dass es mit ihrem ganzen Brandschutzkonzept und Flucht Conway Konzept nicht funktioniert. Sie müssen jetzt einen dritten Rettungstunnel bauen. Mit folgendem Effekt: Die Kosten, die 2017 mit 3,68 Milliarden beziffert wurden (Fertigstellung sollte 2027 sein) – . also vergleichbar mit Frankfurt (2018 mit 3,6 Milliarden beziffert) – liegen jetzt bei 8 Milliarden Euro. Und das Projekt wird zehn Jahre später fertig (2037 bis 2038). Dann sind wir wahrscheinlich auch bei 15 bis 20 Milliarden Euro.
Wenn man diese Verzögerung von München auf Frankfurt überträgt – Frankfurt will erst 2030 anfangen – dann ist der Fernbahntunnel 2050 fertig, mit entsprechenden Kostensteigerungen. Wir brauchen aber die Entlastung jetzt. Das ist das Problem.
Und noch ein Problem mit den mit den Notausstiegen Es wird beim Fernbahntunnel immer gesagt, wir haben ja alle 500 Meter einen Notausstieg. Die Strecke des Fernbahntunnels zwischen Hauptbahnhof und der Ausfahrt bei Offenbach liegt circa 20 bis 27 Meter tief. 20 bis 27 Meter entspricht ungefähr einem 6- bis 9-geschossigen Hochhaus. Man kann doch nicht von Reisenden, die nicht gut zu Fuß sind, verlangen, dass die dann ein siebengeschossiges Hochhaus hochgehen. Wie sollen die denn da rauskommen?
Teilnehmer zum Schienen-Güterverkehr
Ich bin seit 2005 gebürtiger Stuttgarter und mit diesem Bahnprojekt beschäftigt. In meiner Firma schule ich Autofahrer in Deutschland im umweltbewussten Autofahren. Mein Vorschlag ist einer zur Automatisierung auf der Schiene. Einzelgüterverkehr vollautomatisch abzuwickeln, könnte ich mir für die Zulunft gut vorstellen. Das ist technisch sicher machbar.
Teilnehmer zum öffentlichen Diskurs
Ich wünsche mir für die öffentliche Diskussion bzw für die mit den Menschen, die nicht so involviert sind und eigentlich gar nicht so richtig wissen, was los ist, erstens eine Zahl, die das Problem ein bisschen umschreibt. Was heißt denn eigentlich wesentlich preiswerter im Vergleich zu dem riesengroßen Bauprojekt? Und das zweite: Ich würde das mit dem Film-Projekt gerne unter die Leute bringen. Also wenn es etwas gibt, wo das Thema zusammenfassend so aufbereitet ist, dass es für eine öffentliche Diskussion taugt, würde ich mich freuen, wenn mir das jemand sagen könnte.
Ebenfalls zum öffentlichen Diskurs
Wie müssen wir uns eigentlich organisieren, dass wir endlich einen entscheidenden Fuß in die Tür bekommen? Dass all das, was hier im Raum ist an guten Ideen oder noch geboren wird, überhaupt irgendwann mal mehr gehört wird. Und im zweiten Schritt, dass entscheidend etwas verändert wird. Welche Vorstellungen haben Sie davon, wie man das organisieren könnte? Es interessiert mich runtergebrochen auf Hessen, vielleicht sogar die Region Frankfurt. Es taucht hier überhaupt nicht der RMV auf. Und wie der zu all diesen Projekten steht, wie der sich da einbringt, ob der überhaupt da aktiv ist und und an welcher Seite der da steht. Ich denke, die hätten doch da auch ein ganz entscheidendes Wort mitzureden und ich höre da einfach nichts.
Ich habe viele Großprojekte gesteuert. Ich kenne auch verschiedene andere Interessen. Und für mich ist mein Appell einfach: Wir müssen ganz breit, aber jedenfalls aufgefächert an verschiedenen Stellen den Fuß in die Tür bekommen. Sonst wird das nichts.
Moderator
Ja, wir kommen jetzt zum Schluss. Ich möchte noch auf ein paar kurze Kommentare aus dem Chat verweisen. Das betrifft auch diese Historie mit Frankfurt21, wo also hier die Meinung vertreten wird, dass man wegen der Geologie und den Hochhäusern in der City nicht untertunneln könnte, also dass es eben Sachzwänge sind.
Und auch dann die Aussage, dass Frankfurt21 nie im Bundesverkehrswegeplan war und die Finanzierung von vornherein sehr wackelig sei.
Ebenso gab es noch weitere Hinweise auf die Schwierigkeiten am Südbahnhof.
Aber da wir einen Vertreter des Rhein-Main-Verkehrsverbunds hier haben, sollte er auf jeden Fall noch das Wort erhalten.
RMV-Sprecher
Ja, vielen Dank. Also da ich jetzt direkt angesprochen wurde, habe ich gedacht, muss ich doch mal die Position des RMV hier verkünden. Ich bin beim RMV für Koordination und Öffentlichkeitsarbeit zuständig und das schon seit gut 16 Jahren ungefähr. Herr Sparmann wurde ja schon angesprochen als eine der Personen, die auch damals am Frankfurt21, dann mit dem, sage ich mal, Gegenkonzept „Frankfurt Rhein Main plus“ beteiligt war, und dann auch die oberirdischen Maßnahmen gefördert hat.
Also wir beschäftigen uns schon sehr, sehr lange mit der Kapazität im Knoten, weil es für den Nahverkehr in der Region einfach elementar ist. Und dann kam die Diskussion auf, wie kriegen wir denn überhaupt mehr Menschen auf die Schiene? Und gerade in dem Ballungsraum hier ist natürlich der Ausbau der Infrastruktur elementar. Da kann man jetzt sagen, man kann da und da noch irgendwas rausholen, aber irgendwo sind wir dann begrenzt. Die Diskussion zum Fernbahntunnel haben wir zum Anlass genommen, uns sehr schnell damit zu beschäftigen. Was hat das denn für eine Chance für den Regionalverkehr? Und da haben wir uns auch verschiedene Projekte angeschaut, darunter die Durchmesserlinie Schweiz Stuttgart von Zürich. Die Durchmesserlinie in Zürich, Schweiz war ja sehr oft schon Thema als Vorbild für die Bahnfahrt. Und das ist wirklich ein Projekt, was absolut vergleichbar mit dem zukünftigen Fernbahntunnel ist, nämlich ein zweiter Tunnel, der den Bahnhof in Zürich entlastet. Und das ist nämlich genau das, was wir dann auch hier in Frankfurt hätten.
Und für den Regionalverkehr ist es eine Riesenchance, weil wir ganz viele zusätzliche Regionalzüge, die im Moment nicht bis in die Innenstadt Frankfurt fahren können, dann durchbinden können bis zum Hauptbahnhof. Und deswegen ist der RMV definitiv auch für den Ausbau des Knoten Frankfurts, auch mit einem solchen Fernbahntunnel. Vielen Punkten, die jetzt gebracht wurden für Stuttgart, stimme ich mit Sicherheit zu, Aber es ist ein völlig anderes Projekt. Kann man nur sehr bedingt vergleichen mit Frankfurt und ist mit den ganzen Immobilienprojekent ein städtebauliches Projekt. In Frankfurt haben wir eine ganz andere Situation. Der Hauptbahnhof bleibt vollkommen erhalten. Da legt auch der RMV einen großen Wert darauf. Wir sind sogar derjenige, der noch mal dieses zusätzliche Gleis gefordert hat im im Norden des Bahnhofs, was jetzt auch die nächsten Jahre gebaut wird. Also das Gleis 25, dann haben wir insgesamt 26 Gleise, weil es ja noch ein Gleis eins A gibt. Und die Kapazität des Hauptbahnhofes ist leider dadurch begrenzt, dass man nicht alle Gleise von allen Richtungen anfahren kann. Ja, das stimmt. Allerdings kann man heute auch schon von Niederrad kommend nicht nur auf Gleis eins und zwei fahren, sondern man kann heute auch schon natürlich bis zum Gleis fünf oder sowas fahren. Das ist heute schon ohne Weiteres möglich, weil die ICEs, die heute vom Flughafen kommen, über Niederrad reinfahren. Die können natürlich dann wiederum über die andere Brücke an der Uni wieder rausfahren an der Universitätsklinik. Das ist heute natürlich schon gang und gäbe. Ja.
Moderator
Wenn es nicht gekommen wäre, hier hätte es gefehlt. Aber ich denke, da kann noch was dazu gesagt werden.
Gietinger Replik
Das ist ja alles ganz schön mit diesem Fernbahntunnel. Aber wie gesagt, es wurde nie richtig unser Konzept untersucht, und es wurden immer nur Teile untersucht und das nicht zusammen. Das macht die Bahn sehr oft, dass sie nur bestimmte Teile untersucht und nicht ein Gesamtkonzept.
Ich muss aber dazu sagen, dass schon im Westen, was wir damals auch gefordert haben und was in „Rhein Main plus“ auch drin ist, jetzt eine neue Brücke gebaut wird nach Niederrad. Und es wird da viergleisig ausgebaut und das bringt schon einen ganz großen Vorteil. Also deswegen sind wir ja auch dafür, dass das gemacht wird. Da haben Sie dann schon einen sehr großen Vorteil, auch für den Regionalverkehr. Und würde man hier unser Konzept umsetzen, dann hätte der Regionalverkehr auch große Vorteile. Man könnte es wirklich aufteilen in oben die S Bahn, dann in der Mitte der Regionalverkehr und unten der Fernverkehr. Das wäre wirklich machbar und es wäre schnell machbar und es würde nicht so viel kosten und es würde nicht so viel CO2 produzieren. Es wurde aber nie richtig untersucht. Das ist das Problem. Und es wurde immer nur gesagt, es geht nicht, es geht nicht, es geht nicht, wir müssen unten durch. Wir fordern eine Machbarkeitsstudie für unseren Plan. Und was machen wir bis 2040 oder 2050? Man könnte unser Konzept umsetzen und dann würde man sehen, dass es sehr gut funktioniert. Aber der Wille ist einfach nicht da. Das ist der Punkt.
Dann noch mal zum Film. Also ich habe einen Film gemacht über Stuttgart 21, der heißt Das Trojanische Pferd. Der ist hier auch schon zweimal aufgeführt worden. Den gibt es als DVD bei Bürgerbahn Denkfabrik. Kann man auf der Homepage ordern. Und demnächst gibt es auch den Film zur Gäubahn. Das ist sozusagen ein Spin off von diesem Film. Den kann man in ein, zwei Wochen auch als DVD anfordern.
Monheim Replik
Zu dem Thema RMV noch mal. Der RMV ist ja ein sehr großer Verkehrsverbund, der nicht nur die Metropole Frankfurt, sondern ein wahnsinnig großes Gebiet, die Hälfte Hessens umfasst. Und deswegen ist auf der „Flughöhe“, auf der ich vorhin argumentiert habe, die Frage: Wie viel Investitionsvolumen und Planungskapazität wird monopolisiert, und findet Verkehrswende nur in Frankfurt statt oder findet sie auch in Limburg, in Montabaur und sonstwo in Hessen statt?
Also diese Frage verbindet sich mit dem Volumen. Wenn wir für 100 Millionen € das alles hinkriegen, dann würde ich mich nicht so aufregen. Aber die Monopolisierung, was die Schweizer Bahnpolitik geprägt hat, Ausgewogenheit für das ganze Land, ein Flächensystem, ein Gesamtkonzept – das ist das, was hier fehlt.
Mit Ihrem Chef, Herrn Ringard, habe ich gelegentlich auf Podien gesessen und habe mich über diese Dinge gestritten, weil er, ich sage mal, natürlich ein bisschen weniger radikal ist als ich, was die Anforderungen der Verkehrswende generell angeht. Und ich will in diesem Zusammenhang noch mal kurz auf die Medien eingehen. Eine der beliebtesten Fernsehsendungen war die Eisenbahnromantik, die ja immer noch existiert. Und die hat ein Publikum mobilisiert, und das ist immer belächelt worden. Also ich sage mal, die klassische Pro-Bahn-Fraktion gilt dann oft als Pufferküsser usw.
Beim ADAC darf man Autoromantik permanent machen, aber wenn man Bahnromantik macht, ist man verdächtig als Pufferküsser. Das zeigt ein bisschen, wie der kulturelle Umgang mit dem Thema ist. Der ist eben von Land zu Land sehr verschieden. Und noch mal: Ich finde diese Balance-Frage, diese Gerechtigkeitsfrage, diese Gesamtnetz-Frage, die Gesamt-Verkehrskonzeption-Frage so zentral. Und die wird natürlich durch solche Großprojekte untergebuttert.
Wenn wir die debattierten Großprojekte Hamburg, Frankfurt, Stuttgart, München, alle addieren, dann sind wir bei 150 Milliarden, die da mal eben rüber gehen. Alle in Tunnelprojekte, alle in eine von der Bauwirtschaft im Wesentlichen forcierte Geschichte. Und jetzt wünsche ich mir eben wieder ein Land, in dem Unternehmer aufstehen. Der jetzt gerade verstorbene ehemalige Daimler Chef Edzard Reuter hat das zum Schluss sehr deutlich gesagt. Wie schlimm das ist, wie falsch das läuft. Also ich wünsche mir Unternehmer, die eben nicht die nächste Autobahn fordern, sondern die endlich sich besinnen, wie wichtig ein gutes Bahnnetz für die Zukunft ist und dass das eben nicht aus ein paar Korridoren bestehen darf, sondern dass das ganze Land einbezogen werden muss. So, also da werbe ich dafür. Und jetzt muss ich einfach sagen Wir haben es geschafft, die den Börsengang zu verhindern. Wir haben es nicht geschafft, das Kaputtmachen des Interregios zu verhindern, obwohl ich auch da in hunderten Veranstaltungen deutschlandweit unterwegs war. Wir haben endlos diese Faltblätter in den Zügen verteilt und haben verzweifelt versucht, den Interregio zu retten. Und wir brauchen für die Frage was soll der Frankfurter Hauptbahnhof können, wieder einen Interregio-Knoten, wieder Interregios, und zwar ein viel größeres Netz, als wir hatten, mit viel dichterem Takt. Im Zweistundentakt anzutreten und damit Verkehrswende zu machen, kann natürlich nicht funktionieren. Also brauchen wir ein Gesamtverkehrskonzept, in dem der Interregio alle Mittelzentren in Deutschland untereinander und mit den Großstädten verbindet. Und bitte schön das im Halbstundentakt wie der Deutschlandtakt generell und daraus wird sich auf vielen Bahnstrecken ein Viertelstundentakt im Fernverkehr ergeben und darunter muss dann alles was Regionalbahn und Regionalexpress macht, auch sein.
Prof Monheim Was ist zu tun?
Und deswegen komme ich wieder zum weichen Thema. Wenn wir es nicht schaffen, viermal mehr Weichen ins Netz zu bringen, wenn wir rund um Frankfurt nicht endlich diese eigentlich Kleinigkeiten, die ja Flexibilität und Kapazität sichern, bringen, wenn wir nicht endlich eine moderne Stellwerkstechnik bringen, weil daran auch ganz stark die Steuerung der Logistik abhängt, dann kommen wir nicht weiter. Denn die Steuerung ist im Moment noch völlig zentralisiert und deswegen sehr störanfällig. Ich wünsche mir auch da wieder echte Regionalisierung, echte Dezentralisierung. Und wenn wir diese Debatte nicht führen – und da würde ich mir sehr wünschen, auf Augenhöhe mit Herrn Rinkert und mit dem hessischen Verkehrsminister und mit den Bahnvorständen das zu diskutieren – dann kommen wir nicht weiter. Aber die reden nicht mit uns, die ignorieren das. Also ich bin kein Bahnprofessor, aber es gibt eine Reihe von Bahnprofessoren, die sich in diesen Themen durchaus einmischen. Deswegen bin ich ein bisschen ratlos, um zu sagen: Wo ist jetzt der Hebel, mit dem du das drehen kannst? Der Hebel kann eigentlich nur eine gut verstandene Sparpolitik sein, nicht die Bahn kaputt sparen, aber die Ausgaben für die Bahn sinnvoll steuern, die Ausgaben für die Bahn mit maximaler Netzwirksamkeit.
Die AfD ist auch deswegen so stark, weil sie den ländlichen Raum, den abgehängten ländlichen Raum permanent hochhält. Also müssen wir dafür sorgen, dass wir denen die Argumente wegnehmen, dass wir auch in der Fläche wieder verkehrswendefähig werden. Dafür brauchen wir ein viel größeres, besseres Bahnnetz. Dafür brauchen wir Takt vor Tempo. Und dafür brauchen wir eben weniger Tunnel, weniger Hochgeschwindigkeit und eine gute Verkehrswende. Gut.
