Inhalt
- Fakten – kurz und bündig
- Feinstaub, Ultrafeine Partikel und Nanopartikel: Was sind die Unterschiede?
- Wie entstehen UFP mit fossilen Brennstoffen?
- Welche Messverfahren sind für UFP geeignet?
- Welche Aktivitäten gab es bisher seitens der Umweltbehörden?
- Welche gesundheitlichen Schäden sind wahrscheinlich oder gesichert?
- Behindern fehlende Grenzwerte die notwendigen Gegenmaßnahmen?
- Reichen technische Maßnahmen zum Gesundheitsschutz aus?
- Forderungen des BUND
- Weitere Infos und Quellen
Fakten – kurz und bündig
Autor: Karl-Heinz Peil
Nach wie vor gilt Feinstaub in den gemessenen Partikelgrößen PM10 und PM2,5 gemäß der Weltgesundheitsorganisation WHO als wichtigster Luftschadstoff. Ultrafeine Partikel, die vor allem durch den Flugverkehr entstehen, werden in den letzten Jahren im Rhein-Main-Gebiet zunehmend als das größere Problem wahrgenommen. Durch die bisher national und international vorliegenden epidemiologischen Studien zu gesundheitlichen Auswirkungen sind Maßnahmen zur Reduzierung von UFP umgehend erforderlich.
Grafik: Luftverschmutzung an Flughäfen,
Quelle: The Ecological Council, DK (2012)
Feinstaub, Ultrafeine Partikel und Nanopartikel: Was sind die Unterschiede?
Als Feinstaub bezeichnet man Partikel, die messtechnisch in die Kategorien PM10 (Particulate matter <10 µm) und PM2,5 unterteilt werden. Insbesondere kleinere Partikel entstehen durch Verbrennungsprozesse im Straßenverkehr und führen zu einer lokalen Immissionsbelastung.
Ultrafeine Partikel haben eine Größe im Nanometerbereich und können nicht mehr nach Gewicht, sondern nur nach Größe und Anzahl quantifiziert werden.
UFP verhalten sich aufgrund ihrer geringen Größe wie Gase und können damit durch Windfahnen kilometerweit von dem Emittenten entfernt zu Immissionsbelastungen führen.
Begrifflich müssen UFP von Nanopartikeln unterschieden werden. Letztere sind künstlich hergestellte Stoffe mit definierten Eigenschaften. Bei Gesundheitsrisiken dieser Stoffe spielt deren Aufnahme über Trinkwasser und die Nahrungskette eine dominierende Rolle und zumeist weniger über die Atemwege.
Wie entstehen UFP mit fossilen Brennstoffen?
Antriebe für fossile Brennstoffe wurden in den letzten Jahrzehnten dahingehend optimiert, weniger klimaschädliches CO2 und gesundheitsschädigenden Feinstaub zu emittieren. Damit haben sich „Dreckschleudern“ jedoch auch in Emittenten von unsichtbaren Kleinstpartikeln verwandelt. Dieses gilt für Düsentriebwerke aufgrund des Schwefelanteils im Kerosin wesentlich mehr als für Verbrennungsmotoren im Straßenverkehr. Ebenso führen Aromaten im Kerosin zur UFP-Bildung. UFP haben eine aktive Oberfläche, an der sich Schwermetalle oder krebserregende, polyzyklische-aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) anlagern können. Deshalb ergeben sich aufgrund der Zusammensetzung von Kerosin spezifische Wirkungen der bei dessen Verbrennung in Triebwerken erzeugten UFP.
Welche Messverfahren sind für UFP geeignet?
Da eine Massenbestimmung von UFP wie bei Feinstaub ausscheidet, müssen Messgeräte zur Partikelzählung eingesetzt werden. Die Messungen müssen kurzzeitig auftretende maximale Konzentration von UFP ermitteln. Zwei wichtige Faktoren für die richtige Messung und Auswertung müssen deshalb beachtet werden:
Erstens: Es muss zwischen Bereichen unterschiedlicher Partikelgrößen differenziert werden, da diese für den Luftverkehr anders sind als im Straßenverkehr (wozu auch Bodenfahrzeuge auf Flughäfen gehören). Ein Messgerät muss z.B. die UFP-Größen von 10 bis 30 nm als separate Gruppe erfassen, um diese dem Flugverkehr zuordnen zu können.
Zweitens: Bedingt durch die Immission über kurzzeitig auftretende Windfahnen darf es bei dem Messvorgang keine zeitlichen Aussetzer durch zu große Messzyklen geben. Auch kurzzeitig auftretende, maximale Konzentrationen von UFP müssen dabei ermittelt werden.
Welche Aktivitäten gab es bisher seitens der Umweltbehörden?
International anerkannt ist die Rolle der UFP vor allem durch eine Studie über die Luft-Schadstoffbelastung der Mitarbeiter auf dem Flughafen Kopenhagen, die 2012 veröffentlicht wurde. Erst 2015 wurde aber durch den Druck von Bürgerinitiativen an den Flughäfen München und Frankfurt seitens der HLNUG das bestehende Luftmessnetz erweitert um die UFP-Erfassung.
2018 gab es dazu einen ersten Zwischenbericht, der jedoch wegen der Messverfahren kritisiert wurde. Der dritte Zwischenbericht vom Oktober 2020 lässt erkennen, wie stark der durch die COVID-19-Pandemie erzwungene Rückgang des Flugverkehrs auch die UFP-Belastung drastisch reduziert hat.
Bedingt durch unterschiedliche Messverfahren und die Beschränkung auf vier Messstationen (außerhalb des Flughafens) gibt es aber nach wie vor Defizite in der Datenerhebung und wissenschaftlichen Bewertung.
Welche gesundheitlichen Schäden sind wahrscheinlich oder gesichert?
Ebenso wie Nanopartikel können UFP durch die Lungen hindurch in die Blutbahn eintreten. Die Partikel selbst verdicken das Blut. Als „Transportmittel“ für unterschiedliche Schadstoffe auf der Oberfläche führen UFP zu deren toxischen Anreicherung in Körperorganen.
Analog den gesundheitlichen Auswirkungen von Feinstaub ist davon auszugehen, dass für Konzentrationen von UFP in der Atemluft kein Immissionswert abgeleitet werden kann, von dem keine gesundheitsschädlichen Wirkungen ausgeht. Ungeachtet dessen ist die wesentlich erhöhte Gesundheitsbelastung durch UFP gegenüber bekannten Feinstaubbelastungen offensichtlich.
Behindern fehlende Grenzwerte die notwendigen Gegenmaßnahmen?
Die nicht vorhandenen UFP-Grenzwerte führen dazu, dass von offizieller Seite keine Notwendigkeit besteht die Immissionbelastung durch UFP zu erfassen, was den Umfang der Untersuchungen einschränkt. Tatsächlich lässt sich bei UFP nicht ein Grenzwert festlegen, der ähnlich wie bei Feinstaub und Stickoxiden die rechtliche Grundlage für Maßnahmen zum Immissionsschutz darstellt. Aus medizinischer Sicht gibt es ohnehin keine Untergrenze als gesundheitlich zulässigen Wert.
Das Umweltbundesamt (UBA) nutzt den Begriff des „Gesundheitlichen Orientierungswertes“ (GOW), der vor allem bei Schadstoffen im Trinkwasser angewendet wird. Dieses Prinzip besagt, dass man „normale“ Immissionen bzw. eine sog. Hintergrundbelastung als Bezugsgröße nimmt, um den Einfluss durch bestimmte Emittenten zu identifizieren.
Folgende Partikelzahlen kann man für UFP der Größe 10 bis 100 nm pro cm³ ansetzen:
- ländlicher Hintergrund: ca. 3.000/cm³
- städtischer Hintergrund: ca. 10.000/cm³
- städtisch verkehrsnah: ca. 20.000/cm³ (Straße)
- Höchstwerte verkehrsnah: ca. 50.000/cm³
- Flugverkehr: Stundenmittelwert <100.000/cm³
- Flugverkehr: kurzzeitig >150.000/cm³
Mit solchen Orientierungswerten sind notwendige Grundlagen zur Erfassung von Gesundheitsbelastungen vorhanden und sollten damit durch das UBA als solche ausgewiesen werden.
Zum Vergleich: Die Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide sind EU-weit ca. das zwei- bis dreifache der üblichen Hintergrundwerte.
Reichen technische Maßnahmen zum Gesundheitsschutz aus?
Übereinstimmende Expertenforderung ist, dass in der Luftfahrt ein EU-Grenzwert für den Schwefelanteil im Kerosin eingeführt werden muss, so wie es bereits für alle anderen Verkehrsträger der Fall ist.
Durch die HLNUG wird darüber hinaus empfohlen, beim Bodenverkehr elektrobetriebene Fahrzeuge einzusetzen, um Flugzeuge zur Startbahn zu schleppen. Die Relevanz des Bodenverkehrs bei der UFP-Ausbreitung ist jedoch umstritten.
Als langfristige Lösung werden von den Fluggesellschaften synthetische (schwefelfreie) Kraftstoffe propagiert. Dabei handelt es sich aber nicht um Primärenergie, sondern um mehrstufig und mit gravierenden Wirkungsgradverlusten umgewandelte Produkte. Vor allem mit Windkraftanlagen kann durch Elektrolyse erzeugter Wasserstoff sowohl für Wärmeerzeugung wie auch für synthetische Kraftstoffe eingesetzt werden. Unter den gegenwärtigen Umständen wären deshalb synthetische Kraftstoffe reine Ressourcen- und Energieverschwendung. Allenfalls für einen drastisch reduzierten Flugverkehr ist dieses als eine Option denkbar.
Forderungen des BUND
Seit Jahren fordert der BUND eine deutliche Reduzierung des Flugverkehrs, womit auch die UFP-Belastung deutlich sinken würde. Dieses beinhaltet:
- Beseitigung bestehender Subventionen für den
Flugverkehr, u.a. durch eine Kerosinsteuer - Verlagerung aller innerdeutschen Flüge auf die Schiene
- Schließung der meisten Regionalflughäfen, wie z.B. Kassel-Calden
- Stopp von Terminal 3 am Frankfurter Flughafen.
Darüber hinaus muss der Schwefelanteil im Kerosin umgehend drastisch reduziert werden.
Weitere Infos und Quellen
Umwelt- und Nachbarschaftshaus (am Flughafen)
www.umwelthaus.org/umweltmonitoring/ultrafeinstaub/
Hess. Landesanstalt für Natur, Umwelt und Geologie
https://www.hlnug.de/themen/luft/luftqualitaet/sondermessprogramme/ultrafeine-partikel
Umweltbundesamt
https://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/luftschadstoffe-im-ueberblick/feinstaub/fragen-antworten-ultrafeine-partikel
BV Freising (Flughafen München)
https://bv-freising.de/ufp/