U-Bahn-Tunnelbau und der Klimaschutz

| Auszüge aus einem Bericht der ARD-Sendung Monitor
(sowie auf tagesschau.de) – Stand: 23.11.2023

| Im Haushalt drohen Milliardenlöcher, die auch Klimaschutz-Investitionen betreffen. Gleichzeitig werden Milliarden in U-Bahn-Projekte gepumpt, deren Nutzen laut Monitor-Recherchen umstritten ist.
| von Andreas Maus und Julia Regis, WDR

Auszüge:

Neue U-Bahnen gelten in vielen Großstädten als entscheidender Schritt für eine klimafreundliche Verkehrswende. Eine deutschlandweite Umfrage des ARD-Magazins Monitor zeigt: In sieben der zehn größten deutschen Städte werden aktuell Tunnelprojekte für S- und U-Bahnen gebaut oder geplant. Megaprojekte, die oft Jahrzehnte dauern und viele Milliarden kosten. […]

Hohe CO2-Emissionen durch Tunnelbau

Jahrzehntelange Bauzeiten, Milliardenkosten beim Tunnelbau im ÖPNV: Begründet wird das immer wieder mit der nötigen Verkehrswende und dem Klimaschutz. Fachleute bestreiten das, denn für den Tunnelbau werden große Mengen Stahlbeton verwendet. Und die Herstellung von Stahl und Beton verursacht immense CO2-Emissionen – ist also enorm klimaschädlich.

Eine Studie für verschiedene Verbände und Umweltorganisationen aus dem Jahr 2020 hat die Klimabilanz der Berliner U-Bahn-Planungen untersucht. Der Neubau eines durchschnittlichen Kilometers U-Bahn-Tunnel setzt danach rund 80.000 Tonnen CO2 frei. Der Studie zufolge müssten die Bahnen mindestens rund 90 Jahre fahren, bis sie beginnen, sich ökologisch beziehungsweise klimapolitisch zu lohnen. […]

Kostenexplosionen bei Tunnel-Projekten

In München etwa wird der Tunnel für eine zweite S-Bahn-Strecke gebaut. Die sogenannte 2. Stammstrecke. Bei Baubeginn wurden dafür rund 3,2 Milliarden Euro veranschlagt, heute rechnet man mit 8,5 Milliarden. In Hamburg haben die Bauarbeiten für die neue U-Bahn-Linie 5 begonnen. Auf rund 25 Kilometer soll der Tunnel die Hafenstadt unterqueren. Schon ein Jahr nach Baubeginn sind die Kosten allein für die ersten fünf Kilometer von 1,8 Milliarden Euro auf rund 2,8 Milliarden gestiegen, die Gesamtkosten werden auf 16,5 Milliarden Euro taxiert. […]

U-Bahnen für mehr Fahrgäste?

Für den unterirdischen Ausbau des ÖPNV sprechen aus Sicht von Städten und Verkehrsbetrieben häufig Kapazitätsgründe. Nur mit einer unterirdischen Verbindung sei man in der Lage, in Spitzenzeiten auf der Strecke eine ausreichende Zahl an Menschen zu transportieren, schreibt etwa die Hamburger Verkehrsbehörde auf Anfrage. Kritiker bezweifeln das. […]

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages merkte 2018 in einem Sachstandsbericht zur Finanzierung des U-Bahn-Baus an, dass ein Kilometer U-Bahn-Neubau bis zu 300 Millionen Euro koste, während ein Kilometer Straßenbahn schon für zehn Millionen Euro möglich sei. […]

Kosten und Nutzen schöngerechnet?

Dass viele Kommunen trotzdem nach wie vor auf milliardenschwere Tunnelprojekte setzen, liegt auch an der Förderpolitik des Bundes und der Länder. Die Stadt Hamburg etwa rechnet damit, dass etwa 70 Prozent der Baukosten für die neue U-Bahn vom Bund übernommen werden. Über verschiedene Fördertöpfe zahlt der Bund für den ÖPNV-Ausbau Milliarden Fördergelder pro Jahr an Länder und Gemeinden.

Voraussetzung für die Förderung von Neubauprojekten ist dabei eine positive Nutzen-Kosten-Analyse – also die Erwartung, dass die Investitionen einen wirtschaftlich positiven Ertrag erwarten lassen. Doch das positive Ergebnis hängt oft an Annahmen und Kriterien, die sich später oft als Trugbild erweisen. […]

Fördermittel: Bund hat offenbar keinen Überblick

Der Bund, der für ÖPNV-Projekte Milliarden an Fördermitteln dazu schießt, hat selbst offenbar keinen Überblick, wie viel Geld er für welche ÖPNV Vorhaben ausgibt und wie die Gelder tatsächlich eingesetzt werden.

Der Bundesrechnungshof hat das bereits im Jahr 2022 in einem Gutachten deutlich kritisiert: „Der Bund weiß derzeit nicht, mit wie viel Mitteln er den ÖPNV insgesamt finanziert. Es ist nicht möglich, die Zielerreichung im Verkehr sowie im Klimaschutz ausreichend zu kontrollieren und Maßnahmen erforderlichenfalls anzupassen“, heißt es in dem Bericht. […]