
Ein Standpunkt von Karl-Heinz Peil
(Text noch in Arbeit – 24.6.25)
In der jüngsten Zeit ist vor allem in der Bundespolitik sehr viel von Bürokratieabbau die Rede. Eine gesellschaftliche Notwendigkeit hierfür besteht zweifellos. Allerdings gibt es dabei eine sehr selektive Sichtweise, wenn es um Umweltbelange geht. Die Rechte von Umweltorganisationen bei Einwendungen gehen umweltbelastende Bauprojekte zu schleifen – das gilt als Bürokratieabbau. An anderer Stelle hingegen wird die Bürokratie eher verstärkt, obwohl deren Abbau ganz einfach wäre.
Tempolimit in Innenstädten als Flickenteppich
Ein Beispiel dafür ist die im letzten Jahr erfolgte Novellierung der Straßenverkehrsordnung. Diese gibt zwar den Kommunen künftig mehr Spielräume, um Tempo 30 – Zonen einzuführen, jedoch bleibt dieses weit hinter bestehenden Forderungen zurück.
Bereits 2023 forderte der Deutsche Städtetag vom Bund das Recht, generelle Tempolimits von 30 km/h anzuordnen und höhere Geschwindigkeiten nur für ausgewählte Hauptverkehrsstraßen zuzulassen. Der Städtetag hatte argumentiert, die Straßen würden mit Tempo 30 sicherer, der Verkehr leise, die Luft sauberer, der Verkehrsfluss würde nicht beeinträchtigt. Die Straßen würden wieder zu „multifunktionalen Orten“, also mehr als nur eine Verbindung von A nach B. Zudem sei Tempo 30 in den meisten Städten ohnehin bereits die Regel und nicht mehr die Ausnahme. [1]
Es bleibt also nach wie vor bürokratisch, was vor allem zu stark eingeengten, fachspezifischen Sichtweisen führt. Das beste Beispiel hierfür sind Luftreinhaltepläne und die Stadt Frankfurt am Main ist leider ein besonders zu erwähnendes Negativbeispiel. Der derzeit gültige Luftreinhalteplan, der am 28.12.2020 in Kraft getreten ist, hat eine lange Vorgeschichte.[2]
Stark verkürzt bestand diese darin, dass frühere Luftreinhaltepläne durch das Land Hessen ab 2005 nur schleppend fortgeschrieben wurden. Vor allem die Stickoxid-Belastung durch Pkw wurde an verkehrsreichen Standorten der HLNUG-Messstationen regelmäßig überschritten. Erst nach einem langwierigen Klageverfahren der Deutschen Umwelthilfe (das auch für die Städte Darmstadt und Wiesbaden erfolgte), war man zu einem Maßnahmenpaket bereit, das theoretisch auch Fahrverbote beinhaltete.
Ein wichtiges Element: Tempo 40 auf besonders schadstoffbelasteten Straßen. Man fragt sich nun: Warum nicht gleich Tempo 30? Aus fachlicher Sicht ist nun die Begrenzung auf 40 km/h durchaus akzeptabel, wenn man die rechnerischen Emissionsfaktoren für Pkw bei Tempo 30 und 40 vergleicht. Hierbei bringt tatsächlich Tempo 30 keine Reduzierung.
Aber: Welche Konsequenz hat ein solcher Flickenteppich? Beispielsweise gehören damit in den Zonen mit Tempo 40 auch Schulen, an deren Straßen generell Tempo 30 gilt.
Natürlich ist Verkehrslärm kein Thema für einen Luftreinhalteplan. Aber wäre es nicht sinnvoll, einen Blick auf den parallel dazu existierenden Lärmaktionsplan (LAP) zu werfen? Der derzeit gültige Lärmaktionsplan für die Ballungsräume im Rhein-Main-Gebiet ist ein Riesen-Konvolut aus unzähligen, kleinteiligen Einzelmaßnahmen.
Beispiel: Für die Friedberger Anlage in der Frankfurter Innenstadt wurde die Stadt vom RP Darmstadt gebeten, ein schalltechnisches Gutachten wegen der Überschreitung der Lärmbelastung vorzulegen. Dieses wurde von der Kommune nicht akzeptiert mit dem Hinweis, dass dort abschnittsweise ohnehin bereits eine Tempo 40-Regelung vorhanden sein. Deshalb ist in dem gültigen LAP vom Oktober 2024 festgehalten, dass diese nicht erfolgte Prüfung bis zur nächsten Runde der Lärmaktionsplanung nachzuholen ist.
Bebauung ohne Rücksicht auf Mikroklima
Der Siedlungsdruck ist wegen der sozialen Krise in der Wohnungsfrage nicht nur für die Stadt Frankfurt zweifellos dramatisch. Die Ausweisung von Neubaugebieten am Stadtrand ist hierbei nur eine langfristige Option, während die Umwidmung von Bürogebäuden und die Nachverdichtung im Bestand kurzfristiger greifen können. Auf besonders heftige Kritik stößt seitens des BUND Frankfurt seit Jahren die geplante Wohnbebauung im Nordwesten an der Autobahn A5. Diese Planungen ignorieren den eindeutig belegbaren Negativeffekt durch die Behinderung von nächtlichen Kaltluftströmungen in die Innenstadt, die an heißen, subtropischen Sommertagen zwingend notwendig sind. Dazu genügt ein Blick in den offiziellen Klimaplanatlas der Stadt Frankfurt[4].
Gleichfalls ignoriert wird dieses Problem bei den Planungen für den Ausbau der A5 im Stadtgebiet Frankfurt. Hierbei sind erhebliche Maßnahmen mit Lärmschutzwänden von 11 bis 17 Metern vorgesehen, ein Irrsinn, der vom BUND Frankfurt angeprangert wird.[5] Wobei dieses nur ein Detail der zahlreichen Kritikpunkte an dem geplanten Ausbau der A5 ist.
Subtropische Sommernächte ohne Abkühlung durch Kaltluftströme führen aber zu einer signifikant höheren Mortalität. Deshalb stellt sich die Frage: Sind solche Bauprojekte als Beschleuniger einer bereits in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr bewohnbaren Innenstadt ethisch verantwortbar?
Neue Maßstäbe für zulässige Luftbelastung
Dem derzeit gültigen Luftreinhalteplan liegen die in der Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV) festgelegten Grenzwerte zugrunde. Relevant sind dabei vor allem Feinstaub und Stickoxid. Diese beruhen aber auf veralteten Werten, die derzeit praktisch überall in Hessen und auch bundesweit weitestgehend eingehalten werden.
Auszug aus PM des BUND Hessen:
Bewertung der gesundheitlichen Wirkungen
Studien zu gesundheitlichen Wirkungen des Flughafens
Kritikpunkte
Optionen für Maßnahmen im innerstädtischen Bereich
Frankfurt: (Noch) keine „Green City“
Zitat:
Der Green-City-Prozess wurde mit der Bewerbung um den Titel „Europäische Grüne Hauptstadt 2014“ angestoßen. Frankfurt schaffte den Sprung in die Finalrunde. Dabei wurde im Vergleich deutlich, wie „grün“ Frankfurt schon ist. In der Zukunft geht es darum, die wirtschaftlichen, gesundheitlichen, sozialen, ökologischen und kulturellen Bedürfnisse und ihre komplexen Zusammenhänge in eine zukunftsfähige Balance zu bringen. Die Kompaktheit Frankfurts verschärft allerdings auch Konflikte – etwa wenn verschiedene Nutzungen um die knappen Flächen konkurrieren.
Quelle: https://www.frankfurt-greencity.de/de/start-unterseiten/auf-dem-weg-zur-green-city-frankfurt