PFAS-Belastung des Baugeländes für das Terminal 3

OpenStreetMap: https://www.openstreetbrowser.org/#map=15/50.0303/8.5859&categories=construction
Koordinaten für Google Maps / Earth:  50.0353, 8.5853  (Strg-C)
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Rhein-Main_Air_Base
siehe auch: Objektdatenblätter PFAS – Allgemeine Hinweise
Historisches Luftbild Jahr 2000 (Quelle: Geoportal der Stadt Frankfurt am Main)

Die Zusammenstellung wurde übernommen von: https://umwelt-militaer.org/flughafen-frankfurt-pfas/

Chronologie

Nutzung

1945: Beschlagnahme des vormaligen Flug- und Luftschiffhafens Rhein-Main durch die US-Streitkräfte

Bis Ende 2005: US Air Base Rhein-Main (Verlegung nach Ramstein und Spangdahlem)

ab 2007: Baumaßnahmen durch Flughafenbetreiber Fraport: CargoCity Süd, Gesamtareal wird an kommunale Kläranlage angeschlossen

Sept. 2013: Bauantrag der Fraport für Terminal 3

PFAS-Schadstoffbelastung

2014: Am früheren Feuerlöschübungsplatz Ost beginnt ein Pump&Treat Pilotversuch zur Sanierung

2020: Genehmigung des RP Darmstadt für Bodenlagerung von 600.000 m³ PFAS-belastetem Erdaushub

Feb. 2020: Bei einer Bürgerversammlung in der angrenzenden Gemeinde Mörfelden-Walldorf wird WIderstand gegen den Erdaushub vorgebracht.
https://www.fr.de/rhein-main/kreis-gross-gerau/moerfelden-walldorf-ort799239/widerstand-gegen-zwischenlager-giftige-erde-13520257.html

Screenshot aus Dokumentarfilm des HR (Link durch Anklicken)

Hydrogeologie

Gutachten 2006

Die Grundwasserfließrichtung ist größtenteils Richtung Westnordwest. Im Westen biegt die Fließrichtung nach Südwest um. Die Fließgeschwindigkeit liegt dabei zwischen 0,5 und 2 m/Tag. Aufgrund der Strömungsmodellierung fließt Grundwasser aus dem nordöstlichen Flughafenbereich und aus dem östlichen Ausbaubereich Süd den Wassergewinnungsanlagen im Frankfurter Stadtwald zu.
Der Zustrom zu den InfraServ-Brunnen findet in einem Streifen statt, dessen nördliche Begrenzung in etwa die heutige nordwestliche Spitze des Flughafens darstellt.
Das Grundwasser ist in der Ist-Situation 2005 in Teilbereichen durch Schadensfälle belastet.
Im westlichen Ausbaubereich sind diese zurück zu führen auf:
– Munition und chemische Kampfstoffe, die nach dem ersten Weltkrieg gesprengt wurden
– Kohlenwasserstoffe aus der Zeit des zweiten Weltkrieges, bedingt durch Abstellflächen für Bomberflugzeuge
Im östlichen Ausbaubereich Süd, der der früheren Rhein-Main Air Base entspricht, gehen die Belastungen von mehreren Gebäuden bzw. Hangar sowie dem ehemaligen Feuerlöschübungsplatz aus.

Das Geothermieprojekt 2009 – 2013

Nachdem diese Option im Nachhaltigkeitsbericht des Jahres 2008 erstmalig erwähnt wurde, heißt es im Nachhaltigkeitsbericht der Fraport für das Jahr 2009:

„Wir haben ein Joint Venture mit RWE, in dem wir prüfen, ob die Tiefengeothermie für das Terminal 3 genutzt werden kann.“

Nach Genehmigung durch den RP Darmstadt 2010 erfolgten Probebohrungen bis zu 200 m Tiefe durch das beauftragte Unternehmen SDM Smith. Im Abschlussbericht vom Juli 2012 heißt es in der zusammenfassenden Bewertung:

“ Höhe und Tiefenprofil der Untergrundtemperatur zweigen daher eine gute Eignung für das geplante Projekt einer geothermischen Kühlung am Standort und werden sehr positiv bewertet.“

In der Verkürzten Umwelterklärung der Fraport für das Jahr 2013 heißt es in der tabellarischen Auflistung zu der Maßnahme „Regenerative Energieerzeugung“ in der Spalte „Status Mai 2013″ ohne Angabe von Gründen lapidar:

„Untersuchung der Tiefen-Geothermienutzung am Flughafen Frankfurt vorläufig abgeschlossen. Aufgrund der Erkenntnisse wird das Projekt zurzeit nicht weiter verfolgt.“

Grundwassermonitoring

Bereits 2007 bestand ein Monitoringprogramm der Fraport mit mehr als 60 Grundwasser-Messstellen. Für die 2011 in Betrieb genommene Landebahn Nordwest wurde dieses um weitere 12 Messstellen ausgeweitet.
Zur Erweiterung des Monitoring um weitere 6 Messstellen auf die Altflächen der früheren US Air Base heißt es im Planfeststellungsbeschluss vom Dez. 2012 auf Seite 2224:

„Aufgrund der flächenhaft festgestellten Belastung des Grundwassers auf dem Flughafengelände mit perfluorierten Tensiden und Nitrosaminen wird der Untersuchungsumfang um die Parameter PFT und NOMOR ergänzt.“

Lage der Messstellen und beispielhafte Diagrammdarstellungen

Bei den PFAS-Messungen waren bisher Perfluorsulfonsäure (PFHxS) und Perfluorocansulfonsäure (PFOS) die dominierenden Einzelstoffe.
Exemplarische Summenwerte der PFAS z.B. in KW 22/2018 zwischen 0,4 und 1.8 µg/l, sowie in KW 17/2020 zwischen 0,8 und 2,4 µg/l.

Haftung für PFAS-Belastung

Aus den Antworten zu einer Kleinen Anfrage im Bundestag (Drucksache 19/25893)
Frage 10:
Aus welchen Gründen wurden bisher von der BImA keine Regressforderungen an die US-Regierung als eindeutigen PFAS-Verursacher auf dem Areal des heutigen Flughafens Frankfurt Rhein-Main gestellt, obwohl die Belastungen mit PFAS und anderen Chemikalien bereits kurz nach der Ende 2005 erfolgten Übergabe durch das US-Militär bekannt wurde?
Die Antwort lautet:
Die Flächen der ehemaligen US-genutzten Rhein-Main Air Base in Frankfurt / Main stehen im Eigentum der Fraport AG und waren seinerzeit für militärische Zwecke der US-Streitkräfte angemietet. Dabei wurden Teilbereiche der Air Base – unter anderem auch Feuerlöschübungsplätze – von der Fraport AG und den US-Streitkräften gemeinsam genutzt, sodass eine eindeutige Zuordnung festgestellter Bodenverunreinigungen nicht in allen Fällen möglich ist. Die Vereinbarung, die der Bund zur Rückgabe der Flächen der Rhein-Main Air Base an die Fraport AG mit den US-Streitkräften, der Fraport AG und weiteren Beteiligten geschlossen hat, enthielt u. a. Regelungen zur Kostentragung für notwendige Sanierungsmaßnahmen auf den freigegebenen Flächen. Die Streitkräfte haben die von ihnen nach der Vereinbarung geschuldeten Zahlungen für die Beseitigung von Altlasten vertragsgemäß geleistet.

Bewertung

Kenntnis von Grundwasserbelastungen

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Schadstoffbelastungen im Grundwasser bereits sehr frühzeitig bekannt warten. Dieses ergibt sich aus der kommentarlosen Beendigung des Geothermie-Projektes zur Wärme- und Kälteversorgung für das Terminal 3, nachdem dieses 2009 von der Fraport als besonders umweltfreundliche Lösung angekündigt wurde. Trotz sehr positiver Probebohrungen durch SDM Smith wurde das Projekt 2013 ohne Kommentar eingestellt. Die Umsetzung des Geothermie-Projekt hätte auch einen signifikanten Schadstofftransport vom obersten Grundwasserleiter in untere (noch unbelastete) Grundwasserleiter zur Folge haben können, was offenbar als zu großes Risiko für Trinkwassereinzugsgebiete angesehen wurde.

Der Umgang mit belastetem Boden

Die Bodenbelastung mit PFAS und anderen Schadstoffe war spätestens seit 2006 mit Übernahme der US Rhein-Main Air Base durch die Fraport bekannt. Aber erst im Zuge der Bauarbeiten an dem Terminal 3 ab 2019 wurde die Bodenbelastung mit dem Antrag auf Entsorgung von 600.000 m³ an den RP Darmstadt auch nach außen kommuniziert. Begründet wurde dieses damit, dass man erst vor kurzem ein genormtes Messverfahren für Bodeneluat verfügbar gehabt habe. Dazu ist anzumerken, dass im Bodeneluat tatsächlich aufgrund der geringen Konzentrationen pro Volumeneinheit Messungen wesentlich schwieriger sind als im Grundwasser. Die wesentlichen Überschreitungen des PFAS-Geringfügigkeitsschwellwertes (GFS) von 0,1 µg/l war allerdings seit langem durch das Grundwassermonitoring bekannt und hätte entsprechende Rückschlüsse auf die Belastung der obersten Bodenschichten nach sich ziehen müssen.

Die Entsorgung des belasteten Bodens

Das größte Problem im Umgang mit PFAS-belasteten Bodenaushub besteht darin, dass es deutschlandweit praktisch kaum Deponien zu deren Aufnahme gibt, weshalb vor Ort in allen Fällen zunächst zu genehmigende Zwischenlagerungen erforderlich sind. Da eine sichere Endlagerung, d.h. mit Schutz gegen Schadstoffausspülung durch Regenwasser kaum möglich ist, bleibt nur eine separate Verbrennung bei 1.200°C oder eine Versiegelung als Betongrab.
In diesem Fall hatte die Fraport aber keine Probleme mit der Organisation eine gewaltigen Mülltourismus. Die Bestimmungsorte des vom Zwischenlager entfernten Erdaushubs sind jedoch nicht bekannt.

Fehlendes Schadstofftransportmodell

Da die PFAS-Werte gemäß dem laufenden GW-Monitoring kontinuierlich überwacht werden, hätten die deutlich über den GFS-Werten des Umweltbundesamtes liegenden Messwerte weitergehende Untersuchungen zum Schadstofftransport haben müssen. Wenn man unterstellt, dass das 2006 erstellte hydrogeologische Gutachten zum Planfeststellungsverfahren nach wie vor die grundlegenden Aussagen zu Grundwasserströmungen liefert, so müsste das darauf basierende Strömungsmodell zwingend um ein Schadstofftransportmodell erweitert werden, um langfristig mögliche Schadstoffeinträge in nordwestlich vorhandenen Brunnenanlagen zu verhindern.

Fehlende Haftung des Verursachers

Auch wenn einzelne Schadstoffeinträge durch eine Mitbenutzung der Fraport-Flughafen-Feuerwehr (als Gast auf dem Areal der US Air Base) entstanden sein sollten, ist in jedem Fall der Betreiber verantwortlich, der gemäß der damals bereits geltenden Betriebssicherheitsverordnung nicht nur für Gesundheitsrisiken, sondern auch für Schadstoffeinträge aufzukommen hat. Der in der o.g. Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Frage erfolgte Verweis auf die Mitbenutzung durch die Fraport ist zudem wenig glaubwürdig, da die zwischenzeitlich ermittelten PFAS-Kontaminationsquellen eindeutig den Feuerlöschübungsplätzen der früheren US Air Base zuzuordnen sind.
Für welche Altlasten und in welcher Höhe angeblich Zahlungen geleistet wurden, bleibt offen.