Regionaltangente Ost : Klimafreundlich zum Flughafen?

von Karl-Heinz Peil( 17.4.24) mit fortlaufenden Aktualisierungen unter: Weitere Berichte und Kommentare

Nachfolgende Kommentierung versteht sich nur als Impuls für eine Debatte, die nach der Pressemitteilung des RMV vom 18.3.2024 und darauf folgenden Presseberichten noch ganz am Anfang steht. Für eine weitergehende und detailliertere Bewertung sind insbesondere zwei Kriterien erforderlich: Erstens die öffentliche Vorlage der zugrunde liegenden Machbarkeitsstudie und zweitens die seit langem von der Stadt Frankfurt angekündigte Gesamtverkehrsplanung Teil Schiene 2035+

Vorab können aber die nachfolgenden vier Punkte als erste kritische Stellungnahme angesehen werden (17.4.2024).

1. Was wäre wenn …?

Grafik: OpenRailwayMap

Eine Erweiterung der Straßenbahnlinie 18 nach Bad Vilbel würde bereits mit vergleichsweise geringem Kostenaufwand die Anbindung des nordöstlichen Umlandes an die Innenstadt Frankfurt verbessern. Die mit Bekanntgabe der vorliegenden Machbarkeitsstudie vorgesehene Schleife der RTO von der Niddertalbahn im Nordosten bis dicht vor Bad Vilbel könnte dann möglicherweise anders bewertet werden. Dazu wurde bereits vor mehreren Jahren eine Machbarkeitsstudie erstellt. Diese bescheinigte auch das vorhandene Potential und die klaren ökologischen Vorteile. Wenngleich hierbei eine westliche Anbindung vorgesehen wäre, hätte dieses für Bad Vilbel insgesamt einen positiven Effekt. Jedoch wurde dieses im Juni 2022 von den beiden Mehrheitsfraktionen CDU und SPD im Stadtparlament abgelehnt.

2. Lange Tunnelstrecke obligatorisch?

Grafik: Openstreetbrowser mit eigenem Polygonzug
Grafik: RMV

Diese Frage klingt zwar ketzerisch, drängt sich aber auf, weil auch bei anderen Schienenprojekten – siehe Lückenschluss der U-Bahn-Linie 4 in Frankfurt eine Extra-Untertunnelung als problemlos angesehen wird. In diesem Fall geht es um 1,5 Kilometer Tunnelstrecke durch den Berger Rücken. Zumindest ist eine aufwändige geologische Prüfung vorprogrammiert. Es muss daran erinnert werden, dass die ursprüngliche Konzeption eine Trassenführung weiter östlich im Bereich Maintal vorsah. Erst 2017 wurde die jetzt favorisierte Variante ins Spiel gebracht, möglichst eng am Rande des Frankfurter Stadtgebietes eine Trassenführung vorzunehmen.

3. Klimafreundlich zum Flughafen?

Grafik: RMV

Bereits bei den frühen Überlegungen für eine Regionaltangente West ragte ein Argument besonders hervor: Eine kurze Schienenverbindung von Bad Homburg zum Flughafen. Damit soll der klimafreundliche Nutzen der RTW nun keineswegs in Abrede gestellt werden. Die jetzt für die RTO vorgeschlagene Trassenführung zielt aber darauf ab, auch für den Osten eine möglichst schnelle Anbindung an den Flughafen herzustellen. Dazu wird – nach der Verknüpfung mit der dann vorhandenen nordmainischen S-Bahn – in einem zweiten Bauabschnitt eine Weiterführung über den Südbahnhof und eine Verknüpfung mit der in Planung befindlichen S-Bahn-Anbindung des neuen Terminal 3 konzipiert. In der FNP vom 17.4.2024 schreibt dazu Friedrich Reinhardt:

Viel schneller am Flughafen Frankfurt – 9000 Autofahrten weniger am Tag
Fahrgäste wären mit dieser schätzungsweise 531,7 Millionen Euro teuren Variante erheblich schneller unterwegs. Von Bergen aus wäre man in 31 Minuten am Flughafen, statt bisher in 52 Minuten. Täglich knapp 9000 Autofahrten könnten eingespart werden und damit rund 8000 Tonnen CO₂-Emissionen pro Jahr, errechneten die Gutachter. Laut Frankfurter Klimareferat entspricht das den CO₂-Emissionen von etwa 5500 Flugreisenden in der Economy-Klasse einer Boeing 747-400 auf der Strecke von Frankfurt nach New York.

Ist das der Weg in eine künftige Klimaneutralität? Diese lässt sich nur durch eine drastische Reduzierung des Flugverkehrs erreichen. Alle anderen Pläne mit technologischen Alternativen wie „Sustainable Aviation Fuels“ sind Träumereien.

4. RTO nur möglich mit Fernbahntunnel?

Wegen der aktuell favorisierten Variante der RTO über den Südbahnhof gehört es auch zum argumentativen Standard-Repertoire der DB InfraGO, dass die RTO im Osten nur möglich sei mit dem Fernbahntunnel. Dieses würde aber nur einen zweiten Bauabschnitt betreffen, denn der nördliche Teil mit einer Verbindung zwischen der Niddertalbahn und Frankfurt soll noch in den 2030er Jahren in Betrieb gehen. Mit dem Fernbahntunnel wäre aber erst Mitte der 2040er Jahre zu rechnen. Ohne Fernbahntunnel wäre der Südbahnhof dann überlastet – wenn denn die Streckenführung der RTO tatsächlich hierüber erfolgen würde. Diese Argumentation steht auf sehr wackligen Füßen, denn noch ist derzeit wohl unklar, wie die Anbindung von Neu-Isenburg im Süden (als Endpunkt der RTW) nach Osten verlaufen soll.

Presseberichte und weitere Kommentare

Pro Bahn in der Zeitschrift Hessenschiene (Auszug aus PDF)

FR Stadtausgabe vom 25.4.2024: Viel Wut auf Tunnel und Schienen – Hunderte Bürger machten in der Stadthalle Stimmung gegen die Regionaltangente Ost

 

FR Stadt-/Regionalausgabe vom 4.5.24: Bürgerinitiative in Bergen-Enkheim

 

 

FR Stadt-/Regionalausgabe vom 10.5.24: „Fehlstart“ für die Regionaltangente Ost

FR Stadtausgabe vom 15.5.24: Schneise durch den Wald für die Regionaltangente Ost

Online-Fassung vom 14.5.24

 

 

Stellungnahme des BUND Frankfurt vom 16.5.24

FR Stadtausgabe vom 25.5.24

 

 

 

Frühere Konzepte und Alternativen

Konzept zur Erweiterung der Stadtbahnen bzw. deren Reaktivierung im Frankfurt Osten, vorgelegt als Alternative zum Ausbau der A 661.
(von einer Veranstaltung vom 23.5.2023)

Dieses Zeichnung beinhaltet:

  • eine Verlängerung der Straßenbahn nach Bad Vilbel
  • eine Reaktivierung der Straßenbahn nach Bergen
  • eine Verlängerung der U7 in Enkheim
  • eine Reaktivierung der Straßenbahnen rund um Offenbach
  • eine Stadtbahn auf der derzeitigen Trasse der A 661 zur U-Bahn-Linie U7